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REALIZE RUHRGEBIET Beiträge

„Wir können eine Menge auf die Beine stellen“

Ein Interview mit Aktiven der Bürgerinitiative Bärendelle in Essen Frohnhausen

Im Sommer 2013 wurde in Essen Frohnhausen eine lange leerstehendes denkmalgeschützte Schulgebäude besetzt und nach wenigen Tagen geräumt. Die Besetzung hatte in der Nachbarschaft die Aufmerksamkeit auf den Leerstand gelenkt und Ideen für eine nachbarschaftliche soziokulturelle Nutzung freigesetzt. Wenig später gründete sich die Bürgerinitiative Bärendelle, die seither für den Erhalt und die Nutzung des Gebäudes kämpft. Die Initiative hat es geschafft die Forderung als ernsthaftes Anliegen in die Öffentlichkeit und Lokalpolitik zu bringen. Anfang 2015 kam dann die Willensbekundung, der Stadt Essen und der Stiftung „Mein Wohnen“ einen guten Teil zur soziokulturellen Nutzung freizugeben. Zuletzt hat die Initiative jedoch öffentlich gemacht, dass das Gebäude nun zusehens verfällt und hat sich mit einem offenen Brief an die Stadtverwaltung gewandt. Im Interview erzählen sie, wie es nun weitergeht.

„Es gibt noch unendlich viel zu tun“ – Problemhäuser und Aufwertung am Dortmunder Nordmarkt

Das Quartier Nordmarkt in der Dortmunder Nordstadt erlangte bundesweite Bekanntheit, weil sich hier soziale Probleme ballen wie sonst selten auf so engem Raum. Zugleich gibt es allerhand Akteure, die daran arbeiten, dass sich genau das ändert. Auch Immobilien und die Wohnungsfrage spielen dabei eine Rolle. Ein Besuch.

Eigentlich ist es fast immer laut hier. Die Mallinckrodtstraße ist die Hauptverkehrsader durch die nördliche Dortmunder Innenstadt, sie zieht sich von der Autobahn im Nordwesten bis fast zum Borsigplatz. Hier, an der Ecke zum Nordmarkt, ist sie in der Mitte zerteilt von hohen Bäumen. An den Rändern reiht sich Haus an Haus, mit vier, fünf Etagen, mal mit schlichten Fassaden, mal mit reich verzierten, Blumenmustern, Engelsfiguren. An der Straßenecke ist letztes Jahr das Ordnungsamt eingezogen, auf der anderen Straßenecke ein Kiosk, ein Gardinenladen, ein Café.

Der Sonnenkönig von Bochum

»Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.«

(HEINRICH HEINE: DEUTSCHLAND. EIN WINTERMÄRCHEN / 1844)

Seit 2011 ist die Stadt Bochum mit der Bezirksregierung Arnsberg eine Beratungskooperation eingegangen, unter Abgesang des Liedes von der Alternativlosigkeit durch die Bochumer SPD. Seitdem werden alljährlich in Haushaltssicherungskonzepten Kürzungen für die Bürgerinnen und Bürger beschlossen. Diese merken das an der Erhöhung der Eintrittspreise oder Nutzungsgebühren in Musikschule, VHS, Planetarium, Bäder, bei der Reduzierung der Reinigung in Schulen oder den Verzicht auf Schulhausmeister*innen.

Wohnungsmärkte als Gentrifizierer – Ein Beitrag zu einer Bochumer Debatte

In der ersten Jahreshälfte 2017 provozierte ein Kommentar auf der Website bo-alternativ.de eine Debatte über die Frage, ob in Bochum Gentrifizierungsprozesse stattfinden. Der Kommentator warf der bescheidenen Alternativkultur, die in den letzten Jahren an der Herner Straße entstanden ist, vor, Lokale wie die »Trinkhalle«, der »Kugelpudel« oder der »Café Eden e.V.«, würden durch Aufwertungen Mietsteigerungen und Verdrängungen im »Kortländer-Kiez« auslösen. Die Debatte war lebhaft und stellte fest: Eine klassische Gentrifizierung findet an der Herner Straße nicht statt. Nicht zuletzt die wissenschaftliche Studie einer Studentin der Ruhr Universität widerlegte den Vorwurf.

Dennoch ist auch im Ruhrgebiet der Wohnungsmarkt in Bewegung geraten. Die Mieten beginnen in einigen Städten und Stadtteilen zu steigen. Tatsächlich findet Aufwertung und Segregation statt – wenn auch lokal sehr unterschiedlich. Aber ist der Begriff Gentrifizierung geeignet, diese Prozesse zu beschreiben?

Abwärts – Die neue Marketingkampagne für das Ruhrgebiet

Ende Juni 2017 startete die neue Standortmarketingkampagne für das Ruhrgebiet im Auftrag des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Nach »Ein starkes Stück Deutschland« und »Der Pott kocht« nun also »Metropole Ruhr – Stadt der Städte«. Das peinliche Marketinggerede von einer „Metropole Ruhr“ traut sich im Ruhrgebiet kaum jemand in den Mund zu nehmen. Ob sich die Zielgruppen „Investitionsentscheiderinnen und Entscheider“ sowie „junge Fachkräfte und Studierende“ überzeugen lassen? Die ideenlose Selbstbezichtigung der Kampagne, das Ruhrgebiet so „modern, jung und dynamisch“[1] zu zeigen, wie es angeblich ist, klingt eher nach einer abgedroschenen Parodie als nach Strategie. Zehn Millionen Euro sollen dafür in den nächsten drei Jahren ausgegeben werden.

Die Dinosaurier weigern sich zu sterben – Der Steag-Deal und die Finanzkrise der Ruhrgebietskommunen

Im April 2017 legte das Essener Energieunternehmen Steag eines der größten Kohlekraftwerke Deutschlands in Voerde am Niederrhein still, das sie in Kooperation mit der RWE AG jahrzehntelang betrieben hatte. Es wird in den nächsten Jahren abgerissen. Die Energiewende hat nun auch den fünftgrößten deutschen Stromerzeuger erfasst. Das Besondere an der Steag ist, sie wurde vor einigen Jahren von einem Stadtwerke-Konsortium aus dem Ruhrgebiet gekauft. Dass ausgerechnet hoch verschuldete Ruhrgebietsstädte dieses Risiko übernahmen, ist ein unfassbarer Vorgang, dessen Auswirkungen jetzt deutlich werden.

„In Essen gibt es genug Gebäude, die auf Nutzung warten“

Interview mit den Aktivist*innen des »Alibi«

Mit dem Alibi war Anfang 2016 ein selbstverwalteter Freiraum entstanden, den es in der Form in Essen vorher nicht gab: ein Raum für Gruppentreffen, Veranstaltungen, Konzerte, Parties und mehr. Nun musste das Alibi aus den Räumen ausziehen. Damit fehlt wieder ein Ort für politische Initiativen und selbstorganisierte Aktivitäten in Essen. Die Aktivist*innen erzählen, wie wichtig ein solcher Ort ist und wie es nun weitergehen soll.

Freiraum in Grün – Erste Hausbesetzung in Bochum seit 16 Jahren

Das Haus ist ein bisschen in die Jahre gekommen. Hier und da ist ein Stück abgeplatzt von der grünen, etwas blassen Fassade. Ansonsten: typisch für die Gründerzeithäuser, wie sie im Ruhrgebiet noch in ganz vielen Straßen zu finden sind. Spitze Giebel, schmale, hohe Fenster, abgesetzt, darüber Bögen mit steinernen Blumenmustern. Eine Borte aus Stein zieht sich die Fassade des Hauses entlang, über dem Ladenlokal, das schon lange leer steht, streckt sich ein eckiger Erker die drei Wohnetagen empor. Das Haus steht leer, in einigen Fenstern hängen noch Gardinen, in anderen nicht, bis vor ein paar Tagen. Aus einem der Fenster hängt jetzt ein weißes Transparent, auf dem steht: „Besetzt!“ 

Never Ending Story Duisburg: Ein soziokulturelles Zentrum für die Stadt

Am 13. März 2017 wurde im Duisburger Stadtrat mit den Stimmen von SPD und CDU der Antrag abgelehnt, die Alte Feuerwache in Hochfeld in städtischem Besitz zu behalten und sich als Stadt für die Schaffung eines soziokulturellen Zentrums in dem Gebäude einzusetzen. Dies ist keine Überraschung für die Initiative für ein soziokulturelles Zentrum in der Alten Feuerwache, die genau dafür kämpft und auch nach der Absage seitens der Stadt nicht aufgibt. Die Forderung ist schließlich mit einem Bündnis aus Anwohnenden, Initiativen und Kunstschaffenden breit aufgestellt.

Räume für die Schaffung eines soziokulturellen Zentrums wurden in den letzten Jahren bereits einige Male von verschiedenen Initiativen gefordert. Doch weder die Kampagne von »DU it Yourself«, noch der offizielle Arbeitskreis rund um das Quartiersbüro Altstadt, der vor knapp zwei Jahren Konzepte für ein Kulturzentrum erarbeitete, waren bis jetzt erfolgreich.

Kreativ mit Bochum-Gen: Stadtmarketing versus Wirklichkeit

Alliterationen sind äußerst beliebt in der Werbung, weil Botschaft und Pro­dukt besser in unseren Köpfen kleben bleiben. Spiel, Spaß, Spannung und Schokolade. „Die Bochum-Strategie“, die der Verwaltungsvorstand der Stadt im Februar präsentier­te, trommelt mit „Wissen – Wandel – Wir-Gefühl“. Bei wem hier welche Botschaft und für was genau kleben bleiben soll, ist unklar – aber es geht erklärtermaßen erstmal dar­um: Dialog. Und auch darum: Den „Klebeeffekt“ der Stadt so ingesamt zu erhöhen, wie Stadtdirektor und Kulturdezernent Michael Townsend bei der Präsentation des Papiers im Rahmen einer Veranstaltung der VHS Anfang März erklärte.