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Schlagwort: Ruhrgebiet

Kollektives Filmschauen und Teil davon werden

Die Premieren-Tour von »Das Gegenteil von Grau«

„Ich kannte total viel gar nicht, was in dem Film gezeigt wird“ war wohl mit der häufigste Satz nach den Vorstellungen bei der Premieren-Tour von »Das Gegenteil von Grau«. Allein in diesem Satz zeigt sich die große Anerkennung, die das Filmteam schon jetzt eingespielt hat, denn genau darum geht es ja bei dem Film: Sichtbarkeit schaffen. Als vor zwei Jahren die Film-Idee bei einem Treffen von »Recht auf Stadt – Ruhr« aufkam, war klar, hier geht es darum eine positive Perspektive zu vermitteln, zu zeigen, was es im Ruhrgebiet an selbstorganisierten Projekten gibt, die aber vielfach unsichtbar bleiben. Für Leonie Herrmann von der Filmgruppe war die Arbeit an dem Film selbst eine Reise, bei der sie das Ruhrgebiet nochmal anders kennengelernt hat: „Wir fanden, dass es so viele Sachen gibt und dass es schade ist, dass das viele Leute nicht kennen.“ 

Der Film »Das Gegenteil von Grau« – Eine Aufforderung zum Tanz

„Brachflächen, Leerstand, Anonymität, Stillstand – nicht alle zwischen Dortmund und Duisburg wollen sich damit abfinden. Im Gegenteil. Immer mehr Menschen entdecken Möglichkeiten und greifen in den städtischen Alltag ein. Ein Wohnzimmer mitten auf der Straße, Nachbarschaft, Gemeinschaftsgärten. Stadtteilläden, Repair Cafés und Mieter*inneninitiativen entstehen in den Nischen der Städte – unabhängig, selbstbestimmt und gemeinsam.“ Der „Klappentext“ zum Film »Das Gegenteil von Grau« hält was er verspricht. Über 20 Projekte, Initiativen und Aktivist*innen porträtiert der Film bei seiner Reise quer durch’s Ruhrgebiet. Dabei zeigt er nicht nur das was heute gerne mit dem Label „urbaner Aktivismus“ versehen wird, wie z.B. Gemeinschaftsgärten, sondern auch ganz handfeste Auseinandersetzungen, etwa um den Erhalt einer Wohnsiedlung in Duisburg oder für die Durchsetzung soziokultureller Zentren in Essen und Dortmund.

Das Ende der Schrumpfung und die Rückkehr der Wohnungsfrage

Im September 2014 veröffentlichte das Netzwerk »Recht auf Stadt – Ruhr« die beiden Texte »Von Detroit lernen!« und »Realize Ruhrgebiet«. Darin wurden die Städte des Ruhrgebiets aufgefordert offensiv mit der Abwanderung umzugehen und Schrumpfungsprozesse als stadtpolitische Chance zu begreifen. Heute, zwei Jahre später, finden wir eine neue Situation vor. Der jahrzehntelang anhaltende Prozess der Schrumpfung scheint gestoppt und in einigen Städten gibt es tatsächlich einen Bevölkerungsanstieg. Doch die Bevölkerungsentwicklung bleibt widersprüchlich.

Wachstum? Schrumpfung?

Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2015 sollte das Ruhrgebiet weiter schrumpfen, nicht zuletzt weil die Bevölkerung in NRW insgesamt abnehme und die Menschen eher ins Rheinland ziehen als ins strukturschwache Ruhrgebiet. Viele Städte melden nun eine gegenteilige Entwicklung. Dortmund wächst schon seit einigen Jahren wieder, in Bochum lebten 2015 3.900 Menschen mehr als 2014, in Essen stieg die Zahl der Einwohner*innen von 2015 bis 2016 um rund 9.000 auf 592.000, also auf fast 600.000. Gemessen an der Gesamtzahl der hier Lebenden sind das keine großen Zuwächse aber immerhin eine Kompensation der weiterhin stattfindenden Abwanderung und der Sterbeüberschüsse. Von den 9.000 neuen Bewohner*innen Essens stammen rund 5.000 aus Syrien. In Gelsenkirchen wird die Stagnation der Schrumpfung in erster Linie durch Zuwanderung aus den neuen EU-Ländern Rumänien und Bulgarien erreicht.