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Einmaleins des Organisierens

Die Broschüre „Zusammen tun!“ gibt Hilfe zur Selbsthilfe bei der Gründung von Mieter*innen-Initiativen

Bei Mieterhöhung, Modernisierungsankündigung und sonstigen schlechten Nachrichten von den Vermieter*innen erstmal bei der Nachbarin klingeln? Gute Idee. Klingt aber einfacher als es im Alltag ist. Und vor allem, wie geht es dann weiter? Die Broschüre „Zusammen tun! Wie organisiere ich eine Mieter*innen-Initiative?“ der Berliner „AG Starthilfe“ gibt hier praktische Hilfestellung: Sie spielt eine kollektive Organisierung von Bewohner*innen vom ersten An-der-Tür-klingeln bis zur öffentlichen Kampagne detaillreich durch und gibt wertvolle Erfahrungen aus der Praxis weiter.

„Zusammen tun!“ richtet sich vor allem an Mieter*innen großer Wohnungsunternehmen, welche dank einer wachsende Mieter*innenbewegung in Berlin in den letzten Jahren zunehmend unter Druck geraten. Den Kessel angeheizt hat die laufende Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen, die das Thema Enteignung wochenlang in die Charts der politischen Debatten brachte. Im Kontext der Kampagne ist auch die Broschüre entstanden. Die Macher*innen waren und sind selbst von Mietsteigerungen und Verdrängung betroffen: „Deshalb haben wir uns seit mehreren Jahren gemeinsam in Mieter*inneninitiativen organisiert, wie z.B. Kotti & Co. (rund um das Kottbusser Tor) und BOSS&U (Otto-Suhr-Siedlung und Umgebung in Kreuzberg). Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, sich mit den Nachbar*innen zusammenzuschließen und gemeinsam aktiv zu werden, um unsere Nachbarschaften und Kieze zu erhalten.“

Und los gehts natürlich an der Tür der Nachbarin. Die Tipps zielen hier bereits auf einen strategischen  Umgang, der sich – wie in der gesamten Broschüre –  am Ansatz des Organizings orientiert: Vor allem erstmal Zuhören, aber auch zum Mitmachen überzeugen, Kontakte notieren, Gespräche dokumentieren. Am Ausführlichsten widmet sich die Broschüre dann den Herzstücken der Organisierung: Der Mieter*innenversammlung und der gemeinsamen Aktion und Mobilisierung. Man kann diese wie ein  „How-to“, im Sinne einer praktischen Anleitung lesen, entscheidender aber sind hier die detaillierten Hinweise, wie sich die künftigen Mitsteiter*innen  überhaupt erstmal gemeinsam verständigen und sich miteinander und mit ihrem Umfeld bzw. der Öffentlichkeit in Beziehung setzen können. Wie verständigen wir uns auf das Problem und einigen uns auf gemeinsame Ziele? Und wie schaffen wir es, dass nach dem Treffen Verbindlichkeit entsteht? Für den entscheidenden Schritt von der Versammlung hin zur Initiative schöpfen die Autor*innen aus ihren praktischen Erfahrungen aus den oben genannten Initiativen. So schlagen sie zum Beispiel die Bildung eines Koordinationskreises/einer offenen Aktivengruppe vor, die die Mieter*innenversammlungen vorbereitet  und verweisen gleichzeitig auf die Notwendigkeit kollektiver Entscheidungsprozesse in den Versammlungen. Das Kapitel zur Aktionsplanung geht den Ablauf einer Kampagne nachvollziehbar durch: Verständigung auf Ziele, Verbündete, Adressat*innen, einen Stufenplan und natürlich die Aktionsformen. Dazu Erfahrungen mit bewährten Strategien, um für die Botschaft und das Ziel öffentliches Interesse zu wecken und Druck aufzubauen.

„Zusammen tun!“ ist eine ausgesprochen gelungene und nützliche Handreichung für Organisierungsprozesse: An alles ist gedacht, sogar an Hinweise auf Fallstricke, an Rechtliches, Checklisten und mehr. Die Sprache ist bewusst verständlich gehalten und die Gestaltung macht Lust aufs Lesen. Da Lesen allein aber selten klug genug für die Praxis macht, bietet die AG Starthilfe auch Workshops an. Besser geht´s nicht.

Zusammen tun! Wie organisiere ich eine Mieter*innen-Initiative?