Unter dem Titel »Konferenz der kleinen Orte und freien Kollektive« lud das Netzwerk X – Für Kunst und Soziales am 23. und 24. Februar 2019 „alle Betreiber*innen von Off-Spaces und Ladenprojekten, sowie alle Künstler*innengruppen und soziokulturell politisch arbeitenden Gruppen“ in den Kitev-Turm nach Oberhausen ein. Nachdem am ersten Tag intensiv über „Selbstorganisation in kunstsozialen Orten“, „Interventionen im öffentlichen Raum“, sowie „Transkulturalität und postmigrantische Zusammenarbeit“ diskutiert wurde, trafen sich am zweiten Tag selbstorganisierte linke Ladenprojekte aus dem Ruhrgebiet und NRW zur Austausch- und Vernetzungsrunde.
Das Spektrum der anwesenden rund 10 im Ruhrgebiet verankerten Ladenprojekte reichte vom Duisburger »Syntopia« über das Essener »Alibi« und dem Dortmunder »Rekorder« bis zum Wittener »Trotz Allem«. Dabei ging es vor allem um Erfahrungsaustausch in der alltäglichen Praxis und eine langfristige Vernetzung für gemeinsame Aktionen und den Aufbau praktischer Solidaritätsstrukturen.
Themen waren unter anderem:
- die eigene Organisationsstruktur
- der Kontakt mit der Nachbarschaft und die Rolle des eigenen Projektes in städtischen Aufwertungsprozessen
- eigene (politische) Inhalte vs. Themen die für den Sozialraum relevant sind
- die Begrenztheit von Ressourcen, ungleiche Aufgabenverteilungen und die Lücken die entstehen wenn im Projekt Aktive wegziehen
- die interkulturelle Zusammensetzung der Beteiligten (intern + Gäste)
- Außenwahrnehmung und Kommunikation
- Probleme mit Nazis und Schutz vor Repressionen
- Umgang mit ordnungspolitischen Blockaden
Die Diskussionen zu den einzelnen Fragen sind nicht abgeschlossen und sollen auf regelmäßigen Folgetreffen fortgesetzt werden, um voneinander zu lernen und gemeinsame Lösungen für die oft sehr ähnlichen Probleme zu erarbeiten. Vier Themenschwerpunkte wurden für die nächsten Treffen festgelegt:
- Umfeld, Aktivierung, Stadtteil, Nachbarschaft, Community-Organizing und Stadtteilgewerkschaften
- Organisationsstrukturen, Rechtsformen, Finanzen und Fördermöglichkeiten
- Awareness, Sicherheit, offene und sichere Räume
- Verhältnis zu Institutionen, Stadtpolitik und Fördermittelgebern in Aufwertungsprozessen
Danach ging es ganz konkret um zukünftige Formen der Kooperation. Alle Läden sind beispielsweise dazu aufgerufen, in ihren Städten für den 1. Mai nach Duisburg zu mobilisieren um den Aufmarsch der Partei »Die Rechte« zu verhindern. Zudem soll dieses Jahr die ruhrgebietsweite Recht auf Stadt Demo »Träume unter Asphalt« am Dortmunder Hafen stattfinden und die dort geplanten Investments und Aufwertungen thematisieren. Auch gemeinsame Veranstaltungsreihen sind geplant.
Ein weiteres Thema das auf der Konferenz aus vielen Perspektiven diskutiert wurde, ist das widersprüchliche Verhältnis zwischen „Kunst & Kultur“ und dem politischen Anspruch linker Projekte: inwiefern tragen Kulturangebote zu Aufwertung und Gentrifizierung im Stadtviertel bei? Wann verwässert ein niederschwelliges Angebot für die Nachbarschaft die eigenen politischen Inhalte? Wie gewährleistet man die Kritikfähigkeit eines Projekts ohne Diversität im Programm? Und wie schafft man mehr Diversität unter den Besucher*innen?
In Anbetracht drohender Aufwertungsprozesse einerseits und prekärer Kreativarbeit andererseits, erschien eine gemeinsame, kritische Auseinandersetzung mit diesem Spannungsverhältnis zwischen freier Kunst und linkem Aktivismus vielen Teilnehmer*innen als fruchtbar und notwendig. Das Netzwerk X will die Konferenz nächstes Jahr erneut ausrichten.
Das nächste Vernetzungstreffen der Ladenprojekte findet schon am 16.06.2019 in Duisburg statt. Wer auf den Email-Verteiler für die Vernetzung möchte, kann sich gerne bei der Duisburger Initiative »Be Neighbours« melden: beneighbours[at]riseup.net