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Der Sonnenkönig von Bochum

»Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.«

(HEINRICH HEINE: DEUTSCHLAND. EIN WINTERMÄRCHEN / 1844)

Seit 2011 ist die Stadt Bochum mit der Bezirksregierung Arnsberg eine Beratungskooperation eingegangen, unter Abgesang des Liedes von der Alternativlosigkeit durch die Bochumer SPD. Seitdem werden alljährlich in Haushaltssicherungskonzepten Kürzungen für die Bürgerinnen und Bürger beschlossen. Diese merken das an der Erhöhung der Eintrittspreise oder Nutzungsgebühren in Musikschule, VHS, Planetarium, Bäder, bei der Reduzierung der Reinigung in Schulen oder den Verzicht auf Schulhausmeister*innen.

Aber auch weite Teile der Stadtverwaltung sind durch Personalreduzierung von den Haushaltssicherungskonzepten betroffen. Dies führt zu Arbeitsverdichtung und häufigen gesundheitlichen Problemen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und bei den Bürger*innen zu Verdruss durch lange Wartezeiten in den Bürgerbüros.

Zwar ist die Zahl der Stellen in der Stadtverwaltung seit 2015 um 62 auf 4588 im Jahr 2018 gestiegen, immerhin ein Anstieg um 1,4 % in 3 Jahren. Aber dies auf Grund neuer Arbeitszeitregelungen im Rettungsdienst, dem Ausbau der (mangelhaften) U3-Betreuung und der (unzureichenden) Betreuung neu nach Bochum gezogener Menschen. Große Teile der Verwaltung mussten z.T. starke Personaleinsparungen hinnehmen.

Die gesamte Stadtverwaltung ist also der Beratungskooperation aus Arnsberg unterworfen. Die gesamte Stadtverwaltung? Nein. Ein kleiner Bürotrakt in der ersten Etage des Rathauses, das Büro des Oberbürgermeisters Thomas Eiskirch, widersetzt sich mutig diesem Diktat. Zwar nicht in Bezug auf die Leistungen für die Bochumerinnen und Bochumer, aber immerhin in Bezug auf sein eigenes Büro. Dort wurde die Zahl der Stellen seit seinem Amtsantritt 2015 von 4,5 in 2015 auf 10,4 im Jahr 2018 erhöht, ein unbedeutender Zuwachs von 131 %. Und da Wein trinken bekanntlich mehr Spaß macht als Wasser trinken, handelt es sich überwiegend um gut bezahlte Referent*innenstellen.

Immerhin: Nur zwei der neuen Referent*innenstellen wurden extern aus dem SPD-Wahlkampfteam von Thomas Eiskirch besetzt. Alle anderen vermutlich nach anderen Qualifikationen. Ob das schon ein Zeichen für das nahende Ende des SPD-Filzes in Bochum ist?

BILD: MYTHOLOGISCHES PORTRÄT DER FAMILIE VON LUDWIG XIV (JEAN NOCRET 1615–1672, MONTAGE: RNRM)