Zum Inhalt springen

Schlagwort: Bochum

„Geht nicht gibt’s nicht!“ – Das Bochumer Netzwerk „Stadt für Alle“

Seit Oktober 2016 mischt sich das Netzwerk „Stadt für Alle“ in die Lokalpolitik Bochums ein. Das Themenfeld Wohnen stand dabei bisher im Fokus. Ausgestattet mit wenigen Ressourcen und changierend zwischen harter Realpolitik und utopischem Überschuss, gelang es dem Netzwerk nicht nur, lokalpolitische Akzente zu setzen, sondern auch, als politischer Player ernst genommen zu werden.

Mehr Freiräume gegen die Ödnis des Leerstandes

Das Recht auf Stadt für alle ist im Ruhrgebiet ein Dauerbrenner. Sowohl in Essen und Duisburg als auch in Bochum stehen vermutlich tausende Gebäude leer – manchmal Jahre bevor sie erneut genutzt oder abgerissen werden. Mehrere Initiativen stellen sich dem aktiv entgegen und fordern mehr (soziokulturelle) Freiräume. Doch oftmals bleibt es bei der Mühe, denn Aktivist*innen werden von vielen Seiten Steine in den Weg gelegt.

Einige Fenster sind mit Holzplatten vernagelt, bei anderen deuten eingeworfene Scheiben auf Vandalismus und Verfall hin. Auch die Eingangspforte ist mit einer Holztafel verschlossen. Graffiti-Schriftzüge sind rund um das Gebäude zu sehen. Ein großer Zaun, der das Bauwerk fast vollständig umschließt, verhindert das Betreten des Geländes. Nur die Tischtennisplatten und der Bolzplatz lassen vermuten, dass es sich um ein ehemaliges Schulgelände handelt. Die einstige Hauptschule Bärendelle in Essen-Frohnhausen, die seit Mitte 2011 leer steht, zählt zu den prominentesten Beispielen, die aufgezählt werden, wenn man Initiativen nach Leerstand in Essen befragt. Nach einer viertägigen Besetzung im Jahr 2013 versucht die anschließend entstandene Bürgerinitiative Bärendelle (BIB) dort seither vergeblich einen soziokulturellen Freiraum zu etablieren.

Der Sonnenkönig von Bochum

»Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.«

(HEINRICH HEINE: DEUTSCHLAND. EIN WINTERMÄRCHEN / 1844)

Seit 2011 ist die Stadt Bochum mit der Bezirksregierung Arnsberg eine Beratungskooperation eingegangen, unter Abgesang des Liedes von der Alternativlosigkeit durch die Bochumer SPD. Seitdem werden alljährlich in Haushaltssicherungskonzepten Kürzungen für die Bürgerinnen und Bürger beschlossen. Diese merken das an der Erhöhung der Eintrittspreise oder Nutzungsgebühren in Musikschule, VHS, Planetarium, Bäder, bei der Reduzierung der Reinigung in Schulen oder den Verzicht auf Schulhausmeister*innen.

Wohnungsmärkte als Gentrifizierer – Ein Beitrag zu einer Bochumer Debatte

In der ersten Jahreshälfte 2017 provozierte ein Kommentar auf der Website bo-alternativ.de eine Debatte über die Frage, ob in Bochum Gentrifizierungsprozesse stattfinden. Der Kommentator warf der bescheidenen Alternativkultur, die in den letzten Jahren an der Herner Straße entstanden ist, vor, Lokale wie die »Trinkhalle«, der »Kugelpudel« oder der »Café Eden e.V.«, würden durch Aufwertungen Mietsteigerungen und Verdrängungen im »Kortländer-Kiez« auslösen. Die Debatte war lebhaft und stellte fest: Eine klassische Gentrifizierung findet an der Herner Straße nicht statt. Nicht zuletzt die wissenschaftliche Studie einer Studentin der Ruhr Universität widerlegte den Vorwurf.

Dennoch ist auch im Ruhrgebiet der Wohnungsmarkt in Bewegung geraten. Die Mieten beginnen in einigen Städten und Stadtteilen zu steigen. Tatsächlich findet Aufwertung und Segregation statt – wenn auch lokal sehr unterschiedlich. Aber ist der Begriff Gentrifizierung geeignet, diese Prozesse zu beschreiben?

Freiraum in Grün – Erste Hausbesetzung in Bochum seit 16 Jahren

Das Haus ist ein bisschen in die Jahre gekommen. Hier und da ist ein Stück abgeplatzt von der grünen, etwas blassen Fassade. Ansonsten: typisch für die Gründerzeithäuser, wie sie im Ruhrgebiet noch in ganz vielen Straßen zu finden sind. Spitze Giebel, schmale, hohe Fenster, abgesetzt, darüber Bögen mit steinernen Blumenmustern. Eine Borte aus Stein zieht sich die Fassade des Hauses entlang, über dem Ladenlokal, das schon lange leer steht, streckt sich ein eckiger Erker die drei Wohnetagen empor. Das Haus steht leer, in einigen Fenstern hängen noch Gardinen, in anderen nicht, bis vor ein paar Tagen. Aus einem der Fenster hängt jetzt ein weißes Transparent, auf dem steht: „Besetzt!“ 

Kreativ mit Bochum-Gen: Stadtmarketing versus Wirklichkeit

Alliterationen sind äußerst beliebt in der Werbung, weil Botschaft und Pro­dukt besser in unseren Köpfen kleben bleiben. Spiel, Spaß, Spannung und Schokolade. „Die Bochum-Strategie“, die der Verwaltungsvorstand der Stadt im Februar präsentier­te, trommelt mit „Wissen – Wandel – Wir-Gefühl“. Bei wem hier welche Botschaft und für was genau kleben bleiben soll, ist unklar – aber es geht erklärtermaßen erstmal dar­um: Dialog. Und auch darum: Den „Klebeeffekt“ der Stadt so ingesamt zu erhöhen, wie Stadtdirektor und Kulturdezernent Michael Townsend bei der Präsentation des Papiers im Rahmen einer Veranstaltung der VHS Anfang März erklärte.